Die bemerkenswerte Reise zum EM-Titel

Cinja Tillmann: Niemals aufgeben!

 
Die Düsseldorfer Beachvolleyballerin Cinja Tillmann ist Europameisterin. Gemeinsam mit Svenja Müller triumphierte die Athletin aus dem Team Düsseldorf am Wochenende bei der EM im niederländischen Den Haag. Dabei war ein Titelgewinn von Cinja Tillmann wie dieser nun, vor wenigen Jahren für viele Außenstehende noch fast unvorstellbar.
 
Europas Königinnen! Auf Europas Beachvolleyball-Thron! Oben angekommen! Die Überschriften zum EM-Sieg von Cinja Tillmann und Svenja Müller fielen fast überschwänglich aus. Ohnehin berichteten deutlich mehr deutsche Portale im Netz als üblich über einen deutschen Erfolg im Beachvolleyball.
 
Vermutlich liegt es an der erhöhten Aufmerksamkeit für den Sport nach den spektakulären Bildern des Olympischen Turniers in Paris. Und vielleicht auch an der Tatsache, das mit Ehlers/Wickler ein deutsches Duo bis ins Endspiel der Männer am Fuße des Eifelturms gekommen war und sich so mit einer Medaille belohnte.
 
Nun das nächste Highlight für Deutschlands Beachvolleyballer. Ein EM-Titel für das aktuell beste deutsche Frauen-Duo. Nur einen einzigen Satz gaben die beiden in Den Haag ab. Auch das Finale gegen die Italienerinnen Valentina Gottardi und Marta Menegatti entschieden Tillmann und Müller verdient mit 2:0 (21:17, 21:18) für sich. Die Düsseldorferin Tillmann verwandelte letztlich den Matchball. 
 
Querelen mit dem DVV schlagen hohe Wellen
 
Doch während allgemein über den größten Triumph in der Karriere der beiden Deutschen berichtet wurde, schätzt Tillmann den EM-Titel anders ein. „Die WM-Bronzemedaille ist für mich persönlich noch ein wenig wertvoller“, sagt die 33-Jährige. „Aber natürlich ist EM-Gold ein großer Erfolg und ein echter Höhepunkt in unserer Karriere. Vor allem weil Svenja und ich wissen, dass in unserem Sport die meisten Turniere mit einer Niederlage enden. Aber wir haben zusammengehalten und unser Plan ist aufgegangen.“
 
Wenige Tage nach dem Ausscheiden im Achtelfinale von Paris, nun also dieser souveräne Erfolgslauf bei der EM. Tillmann/Müller haben einmal mehr nachgewiesen, dass sie zur Weltspitze in ihrem Sport gehören. In Tillmanns Fall ist das extrem bemerkenswert, denn vor wenigen Jahren noch stand sie sportlich mit dem Rücken zur Wand. Ganz ungewollt.
 
Erfolg vor Gericht für Tillmann/Behrens
 
Vor fünf Jahren schlug Tillmann an der Seite von Kim Behrens auf. Doch im Vorlauf und mit Blick auf die Olympischen Spiele in Tokio benannte der Deutsche Volleyball Verband mit dem damaligen Sportdirektor Niclas Hildebrand vier andere Nationalteams, denen man größere Chancen für die Spiele in Japan einräumte. Ausscheidungsspiele, wie in anderen Ländern üblich blieben Tillmann und Behrens verwehrt. Stattdessen meldete der DVV das Duo kurzerhand von Turnieren ab oder nominierte die beiden nicht für Weltturniere, für die sie eigentlich qualifiziert waren.
 
Das Leistungsprinzip wurde umgangen. Behrens und Tillmann klagten juristisch, bekamen vom Landgericht in Frankfurt am Main recht und in der Folge sogar eine Schadensersatzzahlung. Viel wichtiger aber: Kurz später holten beide bei der EM 2020 Silber und damit als einzige deutsche Starter eine Medaille. Mit diesem Coup hatten Behrens und Tillmann bewiesen, dass ihnen eindeutig Unrecht angetan worden war.
 
Wenn sich Hartnäckigkeit, Eifer und Einsatz auszahlen…
 
„Ich kann vor Cinja nur den Hut ziehen. Sie gibt niemals auf und in Sachen Wille, Leidenschaft und Einstellung ist sie ein absolutes Vorbild“, sagt Thomas Kaczmarek, der zu Tillmanns Trainerteam zählt und auch ihr Lebenspartner ist. „Cinja bekommt den jetzt den Lohn für all die harte Arbeit und zeigt, dass sich Steine, die einem in den Weg gelegt werden, bei Seite räumen lassen.“
 
Seit drei Jahren spielt Tillmann gemeinsam mit dem erst 23-jährigen Toptalent Svenja Müller. Die 1,92 Meter große Angreiferin wurde in Düsseldorf bei der TuSA 06 ausgebildet und adaptierte sich an Tillmanns Seite schnell an internationales Topniveau. Schon im zweiten Jahr gewann das Duo WM-Bronze und bei einem Elite16-Turnier. Es folgten jede Menge weitere Erfolge, die souveräne Qualifikation für Olympia in Paris und nun die Krönung mit dem EM-Titel.
 
Tillmanns Hartnäckigkeit hat sich längst ausgezahlt. „Es freut mich zu hören, dass immer Menschen das wahrnehmen, was Svenja und ich schon erreicht haben“, sagt die in Senden geborene Münsterländerin. „Ich bin einfach meinen Weg weitergegangen, auch wenn mir das vom Verband aus damals niemand zugetraut hat.“ 
 
Nächstes Turnier folgt schon diese Woche
 
Dieser Weg soll übrigens noch ein gutes Stück weitergehen. „Die beiden haben auf allen Ebenen performt und alle Topteams dieser Welt schon geschlagen“, sagt Thomas Kaczmarek. „Ich persönlich sehe nichts, was die beiden nicht erreichen können.“ Worte, die angesichts der besonderen Geschichte von Cinja Tillmann und des noch jungen Alters von Svenja Müller nachhallen.
 
Viel sagt übrigens aus, wie Tillmann/Müller ihren EM-Triumph von Den Haag feierten. Nach einem gemeinsamen Abendessen mit dem gesamten Team um Chefcoach Kirk Pittman war schon Feierabend. Am Donnerstag geht es gleich weiter. Dann schlagen Cinja Tillmann und Svenja Müller in Hamburg beim Elite16-Turnier auf. Als Europameisterin versteht sich!

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